Wittmann & Keller Probe

Wittmann & Keller Probe

Autor: Henrik Keutmann

3.12.2022

Gewachsen aus der Idee unseres Gründers Philipp Kutsch und dem Concept Riesling-Freund Christian Bialdiga, fand am vergangenen Samstag bei uns auf dem Carlsplatz ein in dieser Form vielleicht einmaliges und einzigartiges Tasting statt. Aus dem Bestand von Christian und unserer Schatzkammer wurden große Weine von den beiden Weltklasse-Winzern aus Rheinhessen, Klaus Peter Keller aus Flörsheim-Dalsheim und Philipp Wittmann aus Westhofen, herausgesucht und paarweise als Vertikale blind verkostet.

Antrieb für dieses Tasting war die Frage, wie sich die Weine der beiden, die einige gleiche Lagen bewirtschaften, im Laufe der Jahre entwickeln und unterscheiden, wie jeweils mit schwierigen, aber auch guten bzw. herausragenden Jahren umgegangen wurde und wie sich dies im Wein zeigt. Dazu gingen wir bis ins Jahr 1989 zurück.

Moderiert wurde die ganze Nummer von unserem Zeremonienmeister Nico von der Ohe, während ich, Henrik Keutmann, hier den Schriftführer und Kommentator gab.

Fangen wir also an:

Der erste Flight ging auf das Konto von zwei Gästen, die aus ihrem privaten Bestand eine Flasche Morstein 2000 sowie eine trockene Spätlese aus dem Jahr 1989 in der Magnum, beide von Wittmann, mitbrachten. Dieser Flight führte sofort alle aufs Glatteis. Der 2000er zeigte sich im Glas bernsteinfarben und sehr reif, wogegen die Spätlese noch jünger wirkte. Sowohl für das Auge als auch in der Nase.

Nach dem – nennen wir es Aperitif – startet jetzt das eigentliche Tasting direkt mit einem Paukenschlag: Wittmann Morstein 2004 und Keller Morstein 2003. 2004 gilt als gutes bis sehr gutes Rieslingjahr, während 2003 die Winzer doch vor einige Herausforderungen stellte. Auch im Glas zeigt sich der Wein von Wittmann frischer, filigraner und fruchtiger. Hingegen kann der 2003er von Keller mit einer unglaublichen Tiefe punkten. Beide auf ihre Art große Weine.

Wir gehen weiter in der Morstein-Vertikale: 2007er von beiden Winzern, ein echter Direktvergleich. Sofort zeigt sich: beide Weine wirken noch deutlich frischer und jünger als sie sind, so dass all unsere Gäste hier beide Weine eher im Bereich 2010 bis 2012 vermuten. Wieder zeichnet den Wein von Keller eine ungeheure Tiefe aus, das Äquivalent von Wittmann ist wieder der frischere Wein und überzeugt auch nach 15 Jahren noch mit einer zupackenden Säure.

Wir bleiben noch für einen weiteren Flight im Westhofener Morstein, diesmal im Jahr 2008. Wir merken spätestens hier, dass wir ausschließlich mit Profis arbeiten. Mehrere in der Runde nageln sofort das Jahr. Kleiner Abzug: keiner erkennt die Lage wieder, hatten wir doch Morstein schon zweimal im Glas. Nur unser Gastwinzer, Christian Eppelmann, verkostet objektiv genug und landet letztendlich wieder im Morstein. Chapeau! Wir vermuten, dass die irre Opulenz und Würze beider Weine bei gleichbleibender Frische unsere Gäste hier in die Irre geführt haben. 

Jetzt reicht es aber erstmal mit Morstein, auch wenn ich persönlich damit auch einfach hätte weitermachen können, schließlich meine Lieblingslage in Rheinhessen.

Weiter ging’s mit Kirchspiel aus dem Jahr 2009. Der Wein von Philipp Wittmann wirkt etwas alkoholischer, was sich auch auf dem Etikett mit 0,5 Volt mehr zeigt. Doch das sind Nuancen. Ansonsten sind beide Weine großartig durch die Zeit gekommen. Feine Toffee- und Karamellnoten, in sich ruhend und mit einer unbeschreiblichen Länge. 

Kommen wir zum ersten Dreier-Flight des Tages: Brunnenhäusschen 2009 von Wittmann, AbtsE 2009 sowie AbtsE 2009 Junge Reben von Keller. Hier sei gesagt, dass das Brunnenhäusschen zu großen Teilen in dem früheren Gewann „Abtserde“ liegt, so dass sich die Weine sehr gut vergleichen lassen. Super interessant, einmal 2 Weine eines Weltklasse-Winzers gleichzeitig im Glas zu haben, während der eine von deutlich jüngeren Reben stammt als der andere. Bei so präzisen Weinen spürt man das Alter der Reben sofort, ganz nach dem Motto „Wer tiefer wurzelt, bekommt auch mehr Mineralstoffe“. Somit war der AbtsE 2009 deutlich intensiver, mineralischer und kräutriger als sein kleiner Bruder. Beide Weine präsentieren sich frisch, klar und sehr präzise. Das Brunnenhäusschen überzeugt hier mit einer wahnsinnigen Wärme und Toffee in der Nase, toll, so bei 3°C und kurz vor Weihnachten. Warme Aromen für warme Gemüter.

Wir bleiben noch eine weitere Runde in der Abtserde. AbtsE und Brunnenhäusschen 2011.

Beide Weine sind hell und animierend. Die Runde vermutet nicht Jahrgang 11, sondern eher etwas Richtung 2015. Der Wein von Philipp Wittmann wirkt wieder etwas stemmiger, hintenraus hat er eine animierende Bitterkeit. Der Keller ist opulenter, in sich ruhend und lang. Beide Weine sind, in diesem doch nicht ganz einfachen Jahr, große Monumente des Rieslings. 

Halbzeitpause. Dachten wir jedenfalls. Unsere Gäste wollen weiter verkosten und rennen sofort in unsere Schatzkammer. Da dachte sich wohl jemand „Wer Keller und Wittmann trinkt, der trinkt auch Breuer“ und nach kurzer Blindverkostung stand fest, hier hatte sich jemand nicht lumpen lassen und uns einen Schlossberg 2010 eingeschenkt. Tolles Intermezzo, um die Geschmacksnerven abseits der 2 Proben-Weingüter zu fordern.

Nach der angetäuschten Pause geht es sofort groß weiter. Kirchspiel beider Winzer aus 2013. Dieser Flight führt mal wieder alle aufs Glatteis. Niemand kann hier auch nur annähernd Lage, Jahr oder Reihenfolge der Weine bestimmen und das in dieser High-Performance Truppe. Irre! Das Kirchspiel von Wittmann ist eine Wucht und gefällt der Runde extrem gut.

Kommen wir nun zu meinem persönlichen Highlight, dem Morstein 2014. Wittmann hatte ich schon im Glas, Keller noch nie. Entsprechend gespannt bin ich auf diesen Flight. Warum ich so ein Fan von Philipp Wittmanns 2014er Morstein bin, zeigt sich schnell: verhältnismäßig jung, frisch, präzise Säure und dennoch reife Aromen. Wahnsinn! Vor allem kann der noch liegen. Keller genauso stark, aber hier vielleicht nicht mehr mit den gleichen Reserven. Demnach eine gute Entscheidung, den jetzt zu trinken.

Hatten wir bis hierhin nur GGs im Glas, bedienen wir uns jetzt einer neuen Taktik, um unsere Gäste hinters Licht zu führen. Keller Von der Fels und Wittmann Westhofener Riesling 2015. Da unsere Gäste das Jahr sofort nageln, fragt Nico sie noch nach der Lage. Schon ein Spaßvogel. So konnte es natürlich niemand erraten, fließen in diese wahnsinns Tropfen doch Weine aus mehreren großen Lagen. Dennoch war die Verwunderung groß, dass hier keine GGs im Glas sind. Bärenstarke Weine! Von der Fels 2015 pustet in jedem Fall einen Großteil der deutschen GGs weg. Ohne Probleme.

Einer unserer Gäste war an dieser Stelle wohl noch nicht ganz mit dem Morstein 2014 Flight durch und ist der Meinung, dass hier bei Keller wohl noch mehr geht. Ab in unsere Schatzkammer, Konterflasche rausgesucht, karaffiert und blind ab ins Glas. Und er irrt sich nicht. Frischer, präziser und lebendiger als zuvor. Erraten kann es keiner, da der Unterschied schon signifikant ist. Hier hatten wir also eine Flaschenvarianz, die nicht unerheblich war.

 

Jetzt aber weiter im Text. Der nächste Dreier-Flight steht an. Wittmann La Borne 2015, Keller Hipping und Hubacker 2015. Sofort wird es laut im Raum – Keiner weiß zu diesem Zeitpunkt, was es ist, doch alle sind sich einig, der Versteigerungswein La Borne befindet sich aktuell nicht im optimalen Trinkfenster. Man kann hier nur vermuten, dass er in ein paar Jahren sein Potenzial entfaltet. Der Hipping ist stark, aber ist sensorisch nicht sehr trocken. Das schmeckt im Moment fantastisch, aber vielleicht in dem Flight nicht so clever von uns gewählt.

Der Hubacker macht dank seiner mineralischen Komplexität das Rennen.

Im nächsten Flight kommen wir nochmal zurück zum Westhofener Riesling. Wittmann 2016 und Keller R 2016. Der Wein von Klaus Peter Keller stammt ausschließlich aus der kleinen Parzelle Liebesnest im Westhofener Kirchspiel. Unglaublich konzentriert, ätherisch und kräutrig. Einigen gefällt diese Stilistik unglaublich gut, anderen ist das schon fast etwas zu heftig. Das Äquivalent von Philipp Wittmann ist ebenfalls großartig, steht einigen GGs in nichts nach.

Wer Westhofen vergleicht, muss auch Nierstein vergleichen. Beide Ortsweine von 2017 zeigen schon eine gewisse Reife. So sehr, dass hier einige mit den Gedanken eher bei 2013 sind. Keller hier sehr konzentriert, komplex, kräutrig und ätherisch. Nicht so wie beim 2016er R, aber das ist vielen mehr recht als schlecht.

Das Finale bildet der Kirchspiel-Flight 2017. Ohne Frage zwei ganz große Weine. Alle sind sich sofort sicher: Hier ist Riesling im Glas. Aus Rheinhessen. Vermutlich Keller und Wittmann. …Schreiben wir diese Aussagen mal der Tatsache zu, dass wir bereits seit über 5 Stunden verkosten. Tatsächlich wurden aber Lage und Jahr sehr schnell genagelt. Und der Wittmann ist eine Maschine!

An dieser Stelle ist es unser großer Keller-Fan Philipp Kutsch, der sofort aufspringt und eine Konterflasche Keller Kirchspiel 2017 aus unserer Schatzkammer holt. Er ist sich sicher, hier geht noch einiges mehr! Recht hat er, genau wie der Wittmann sehr stark, ganz großer Wein.

Was soll man abschließend dazu noch sagen!? Wahnsinns Tasting, wahnsinns Weine, tolle Menschen und ein rundum gelungener Nachmittag. So lieben wir das bei CR.

PS: Schaut doch mal in unserem Shop vorbei, für das ein oder andere Tasting gibt es noch ein paar Tickets. Und man munkelt, dass wir da auch wieder Großes vorhaben.

Bis zum nächsten Glas am Carlsplatz!