CO Vertikale

CO Vertikale

Ein Bericht von unserem Weinfreund Christian Bialdiga über die CO Vertikale bei uns:
Um es vorweg zu nehmen: Es war wieder einmal ein ganz besonderer Nachmittag im Rieslingmekka auf dem Düsseldorfer Carlsplatz und es war eine Vertikalverkostung, die es bislang so nicht gab und vermutlich auch nicht sehr schnell wieder geben wird. Carolin und H.O. Spanier aus Hohen-Sülzen, einem eher beschaulichen Weinort im Wonnegau, hatten 12 Weinfreunde eingeladen, um insgesamt 10 Jahrgänge des überaus raren Rieslings CO zu verkosten. Dieser von vielen Weinfreunden gesuchte, jedoch kaum im Handel oder auf dem Sekundärmarkt zu findende Topwein des Weinguts wurde erstmals 2005 anlässlich der Hochzeit der beiden Winzer im Jahre 2006 gefüllt und wird nur in sehr geringer Menge – in aller Regel ein Stückfass – produziert. Die Trauben stammen aus den steilsten Stellen der Zellertaler Toplagen Frauenberg und Am Schwarzen Herrgott und werden von markierten Rebstöcken stets am Ende der Lese geerntet. Um den Weinen vor dem Release ausreichend Zeit zu geben, kommt der CO immer erst 5 Jahre nach der Lese als Reserve auf den Markt.
Der aktuelle Jahrgang ist demnach 2016, die in der Probe ebenfalls vorgestellten Jahrgänge 2017-2019 wurden abseits des Weinguts zum ersten Mal präsentiert.
Wenngleich es jahrgangsabhängig durchaus gravierende Unterschiede zwischen etlichen der 10 vorgestellten Jahrgänge gab, war allen Weinen eine reduzierte Fruchtigkeit gemein. Es dominierten Stein, kalkige Noten und eine noble Kräuterwürze die Weine, die den Zusatz „Liquid Earth by H.O.“ tragen und die mit einigen Jahren der Reife beinahe eher an Burgund erinnern als an klassischen Riesling.
Alle präsentierten Weine der Jahrgänge 2008 und 2011-2019 waren in allerbester Verfassung und stammten direkt vom Weingut Battenfeld-Spanier, wo sie unter besten Bedingungen gelagert wurden. Sie wurden offen in die Probe eingebracht und chronologisch von „alt“ nach „jung“ getrunken.
Den Beginn machte 2008 und der Wein animierte den einen oder anderen in der Runde zu einem ersten „Wow“. Er war ein Spiegelbild des von vielen Weinfreunden geschätzten Jahrgangs 08, einem kühlen Jahr, das den Winzern in Deutschland vieles abverlangte und das von H.O. in der Probe genau wie 2021 als „Handwerksjahrgang“ beschrieben wurde. Der Wein präsentierte sich immens frisch, beinahe jung und sehr saftig mit steiniger, recht salziger Mineralität und feinen, jedoch keinesfalls dominanten Steinobstnoten. Das Potential sollte bei perfekter Lagerung für weitere 10 Jahre reichen. Für mich ein Gewinner des Nachmittags, aber de facto nicht der stärkste Wein der Probe.
Weiter ging es mit 2011 und demnach mit einem wärmeren Jahrgang, der einen deutlichen Gegenpol zu 2008 bildete. Der Wein präsentierte hochreife Stein- und Kernobstnoten, hatte einen tollen Schmelz sowie eine rauchige Kräutermineralik. Es war neben 2012 und 2015 der vielleicht „burgundischte“ der CO`s in der Vertikale. Die Säure war dabei durchaus lebendig, jedoch nicht so prägend wie beim 08er, der Abgang lang und saftig.
2012 hingegen war ein aus Winzersicht einfacheres, von H.O. als „nahezu perfekt“ beschriebenes Jahr. Der CO dieses Jahres war beeindruckend kräutrig , vegetabile und erdige Noten spielten neben hochreifen, gelben Früchten hier die erste Geige und erinnerten ein Stück weit an einen Naturwein. Der Wein hatte eine tolle Substanz und Nachhaltigkeit am Gaumen, auch hier waren wir weit weg von einem klassischen Riesling und zumindest ein Stück weit im Burgund.
Der 2013er CO folgte und hatte es nach den vor Kraft strotzenden Vorgängern aus 2011 und 2012 recht schwer. Auch wenn viele Rieslingfreunde die Topweine dieses Jahrgangs nicht nur schätzen, sondern auch auf dem Sekundärmarkt für teures Geld nachkaufen, muss der Jahrgang aufgrund der immensen Regenfälle und des langen Lesefensters von 7 Wochen als „schwierig“ eingestuft werden. Der CO aus 2013 hatte eine pikante und zugleich sehr feine Säure und erinnerte wieder deutlicher an 2008. Unverkennbar war hier die physiologische Reife weniger ausgeprägt, die Länge des Abgangs gut, jedoch nicht so herausragend wie bei anderen Weinen der Probe. In der Summe war für mich 2013 der schwächste - oder sagen wir besser „am wenigsten herausragende“ - aller Weine der Probe.
Weiter ging es mit 2014, einem Wein, der von H.O. aufgrund der unsicheren Lesebedingungen als „Angstwein“ beschrieben wurde, jedoch für einige Probenteilnehmer zu den stärksten Vertretern zählte. Der Wein wirkte schlank und substantiell tief zugleich mit in Anklängen burgundischen Noten, war wunderbar griffig / straff, dabei beinahe kalkig und zeigte eine deutlich reduzierte Fruchtigkeit. Definitiv ist der 14er CO noch zu jung, die Anlagen sind jedoch bestens. Ein extrem starker Wein, aber nicht mein Highlight der Probe.
2015 war für die Winzer im Wonnegau ein recht reibungsloses Jahr mit wenig Fäulnis und guten Lesebedingungen. Der CO dieses Jahres zeigte eine gewisse Ähnlichkeit zu 2012, war sehr trinkig und hatte eine tolle Balance zwischen einer lebendigen Säure und einem recht dezenten Schmelz. Der Wein zeigte in Anklängen rauchig- tabakige Noten, wirkte saftig und deutlicher von der Frucht geprägt als 2016 und die Folgejahrgänge. Der Abgang war lang, der Wein jedoch nicht so spektakulär wie das, was dann folgte.
Aus dem Jahre 2016, dem aktuellen CO-Jahrgang, kam dann ein Wein in unsere Gläser, der ein deutlicher Gegenpol zu 2015 war. 2016 war im Gegensatz zu 2015 ein herausforderndes, sehr nasses Jahr mit kleinen Erträgen und hieraus resultierend einer strengen Einzeltraubenselektion. H.O. verglich das Jahr, in dem allein 4 ha Nachtfrösten bis – 7 Grad zum Opfer fielen, ein Stück weit mit 2021. In der Nase war hier eine deutliche Sponti-Note prägend, der Wein war straff, extrem mineralisch, griffig und beinahe karg, dabei nur wenig fruchtbetont und definitiv noch deutlich zu jung. Hier braucht es mit Sicherheit einige weitere Jahre der Reife, die man dem 16er gönnen sollte.
Mit dem Jahr 2017 kam dann der für mich bis dato beste Wein in unsere Gläser. Intensiv mineralisch, griffig und zupackend, dabei ohne jegliche Schwere. Dezente gelbe Früchte, ganz viel Stein und ein Hauch tabakiger Noten habe ich mir ebenso notiert wie eine ausgezeichnete Tiefe. Ein Potentialwein mit einem sehr langen Leben, der mich jedoch sofort packte und definitiv groß ist!!!
Der 2018er war dann mit dem ersten Schluck mein Wein der Probe. Nicht so verschlossen und karg wie 2017, aber trotz des warmen Jahrgangs, der konsequentes dry farming von den Winzern verlangte, schlank, präzise und aktuell wunderbar zu trinken. Es dominierten gelbfruchtige Aromen, ein Bund von Kräutern und eine superbe Mineralik, die Länge war hervorragend. Toll, wie hier H.O. durch konsequente Weinbergsarbeit mit den heißen Bedingungen des Jahrgangs 2018 zurecht- gekommen ist.
Aus dem Jahre 2019 kam dann der dritte CO nacheinander in die Gläser, der irgendwie nur groß(artig) war. Nicht ganz so karg und puristisch wie 2017, mit dem ersten Schluck noch nicht ganz so rund und trinkig wie der Vorgänger aus 2018, präsentierte sich 2019 als Synthese der beiden Vorgängerjahrgänge. Auch hier sind die Anlagen vom Allerfeinsten, wobei der Wein zwingend Luft braucht, um zumindest anzudeuten, welch großes Rieslingjuwel hier entstanden ist. Ich tue mich sehr schwer, 2019 als besten Wein der Probe zu küren, kann jedoch gut verstehen, wenn man zu dieser Einschätzung kommt. Für mich war 2019 auf einem Level mit 2017 und 2018, wobei 2018 aktuell deutlich zugänglicher ist. Einige Jahre der Reife werden hier vonnöten sein, um sich entscheiden zu können, welches dieser drei Meisterwerke das größte ist.
Bedarf es eines Fazits, so war es eine ungemein lehrreiche, von H.O. und Carolin sowie Nico toll moderierte Probe im Kreise sympathischer Weinfreunde. Die 10 Weine spiegelten die unterschiedlichen Bedingenden der Jahrgänge signifikant wieder und es war erkennbar, dass H.O. mit den Herausforderungen im Wingert von Jahr zu Jahr immer noch ein Stück weit besser zurecht kommt.
Vielen herzlichen Dank für die Probe und die großartige Gastfreundschaft! Es war schlicht und ergreifend toll und die wunderbaren Weine im Nachklang der Probe rundeten das Bild eines Nachmittags aus dem Bilderbuch bestens ab. Ohne weitere Kommentierungen und ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit seien hier ein wunderbares, irre junges Kirchenstück 2011 von Bürklin-Wolf ebenso erwähnt wie ein superbes Pechstein GC 08 desselben Weinguts, ein so junger und zupackender Berg Rottland von Theresa Breuer, ein Hubacker 09 von KPK in Bestform oder ein 15er Doosberg von Peter Jakob Kühn, der definitiv auch zur Riesling-Champions League zählt.